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Walter Zeller aus Hammerau schrieb Motorradgeschichte in einer Zeit, in der noch hunderttausende Zuschauer zu den großen Rennen, zum Beispiel an den Nürburgring, strömten und die besten Fahrer wie Helden verehrten. Walter Zeller holte in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg mehrfach den Deutschen Meistertitel und war Vize-Weltmeister. 1958 bezeichnete ihn eine Zeitung als den "letzten Ritter des Motorsports". Menschen, die ihn persönlich kannten, beschrieben ihn als faire Kämpfernatur, als aufgeschlossen, bescheiden und kameradschaftlich, als herzlichen und sympathischen Sportkameraden ohne Starallüren. Seine in Hammerau lebende Tochter Regina Kamml beschreibt ihn in einem Gespräch als "Herzensmensch", dem die Familie über alles ging.

Walter Zeller wuchs im Hammerwerk seines Vaters auf. Schon als Heranwachsender fiel seine übergroße Begeisterung für Technik und Motoren auf, wie in Beiträgen verschiedener Festschriften des Oldtimerclubs Feldkirchen zum Anlass der Walter-Zeller-Gedächtnis-Rallyes bis zur 10. Auflage im Jahr 2017 zu lesen ist. Im Alter von 18 Jahren sei er bereits nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 auf einer Vorkriegs-BMW R51 der Konkurrenz davongefahren, 1947 wurde er Deutscher Vizemeister und 1950 war er bei BMW unter Vertrag.

Tod des Brudersbeendete Sportkarriere

Im weiteren Wortlaut erinnert sich der Oldtimerclub Feldkirchen: "Sobald der Motorsport nach 1945 wieder auflebte, war Walter Zeller immer vorne dabei und erfuhr sich als bester Nachwuchsfahrer Deutschlands auf der inzwischen getunten R 51 seine Lizenz zur Teilnahme am großen Sport. 1947 begann für ihn im Alter von 20 Jahren der Profisport. Startnummer 21, Walter Zeller/Hammerau auf BMW, das wurde Ende der Vierziger und in den Fünfziger Jahren zu einem Qualitätsbegriff. Die Motorsport-Karriere von Walter Zeller begann in einer von Entbehrungen und Unsicherheit geprägten Zeit. Wie die anderen Motorsport-Idole – allen voran sein sportlicher Konkurrent Georg Meier – setzte Walter Zeller mit seinem Optimismus, seinem Einsatz und seinen Erfolgen positive Signale für viele Menschen." Der Club schreibt weiter: "Der Motorrad-Rennsport hatte damals einen zumindest ebenso hohen Stellenwert wie heute die Fußball-Bundesliga. Zum Beispiel strömten mehr als 400000 Zuschauer zum Rennen auf der früheren Solitude-Rennstrecke im Westen Stuttgarts. Walter Zeller hatte nicht nur Mut zum Risiko, sondern auch das besondere Gefühl für den querlaufenden Boxer. BMW vertraute ihm schon 1950 eine Werksmaschine an. Die Erfolge rechtfertigten dies. Walter Zeller erreichte in der 500er-Soloklasse im Jahr 1951 erstmals den Titel des Deutschen Meisters."

Dies habe er in den Jahren 1954 und 1955 wiederholt. Seine Einzelerfolge aufzuzählen würde viele Seiten füllen. "1957 gab es für ihn im Alter von 30 Jahren das Aus im Sport, als sein Bruder plötzlich starb und er das Werk in Hammerau übernahm. Dieses Ende seiner aktiven Sportlaufbahn ist ihm sehr schwer gefallen."

Walter Zeller war Vater von vier Kindern: Eva, Marina, Regina und Alfred. Tochter Regina und ihr Mann Bernhard Kamml leben heute in ihrem Haus direkt neben dem Stahlwerk Annahütte, dem früheren Industrieunternehmen ihres Vaters beziehungsweise Schwiegervaters. Die Leidenschaft und Begeisterung für seine sportlichen Erfolge strahlt dem Ehepaar beim Gespräch aus den Augen, sechs dicke große Lederalben voller Bilder und Zeitungsberichte dokumentieren hier die aktive Rennsportzeit Walter Zellers.

Regina und Bernhard Kamml erinnern sich an Walter Zeller als technisch hoch versierten Menschen, der an seinen Motorrädern herumbastelte: "Jede Schraube hat er gekannt." Als Walter Zeller 1951 erstmals Deutscher Meister wurde, bereitete ihm seine Heimatgemeinde Ainring einen großen festlichen Empfang mit Musik und vielen begeisterten Menschen. Der technikbegeisterte Zeller hatte auch eine Leidenschaft für Modelleisenbahnen und den Segelflug, er habe als Pilot sogar Höhenrekorde aufgestellt, so Regina Kamml.

Die sportliche Familie brachte mit Erika, der Schwester ihres Vaters, eine ambitionierte Springreiterin hervor und auch Bruder Karl Zeller fuhr Auto- und Bergrennen – leider verstarb er 1957. Übrigens war auch Walter Zeller gerne auf dem Pferd unterwegs, allerdings ohne Wettkampfabsichten. So gibt es Geschichten, wonach er mit dem Pferd heimlich nach Bad Reichenhall zu seiner Verlobten Erna Stadler ritt und sich am nächsten Tag daheim die französischen Besatzer wunderten, warum das Pferd müde war.

Seine Erna heiratete Walter Zeller 1953. Die Motorsport-Illustrierte "Rennfahrer" berichtete in einer Ausgabe im Jahr 1956 auf zwei Seiten mit der Überschrift "Ein sympathischer junger Mann" über Walter Zeller. Privat habe sich Zeller in vielerlei Hinsicht sportlich fit gehalten. Jede Jahreszeit bot ihm eine andere Sportart an, sofern ihm sein Büro und die Rennfahrerei Zeit dafür ließen. Im Sommer und im Herbst absolvierte er dann aber fünf Kilometer lange Waldläufe mit seinem Schulfreund Max Eschlberger, des weiteren spielte er Badminton, boxte und schwamm. Im Winter raste er die vereisten Skipisten vor seiner Haustüre hinunter und donnerstags kegelte er mit seinem Club. "Wer ihn im Kreise seiner Kegelbrüder beobachtet, erkennt schnell, weshalb er so sympathisch ist. Er ist ein Mensch mit Herz. Soziale Unterschiede kennt er nicht."

Die Zeitung "Quick" brachte über Walter Zeller in der Ausgabe vom 3. August 1957 eine große dreiseitige Reportage über den damals 29-jährigen unter dem Titel "Meine acht Hobbys" – zwei Seiten später sind Greta Garbo und Aristoteles Onassis abgebildet.

Um welche Hobbys handelte es sich? Das erste Hobby: Natürlich das Rennfahren. "Seit zehn Jahren gehört er zur Elite der internationalen Motorrad-Rennfahrer", steht da geschrieben. Hauptberuflich beschreibt ihn die "Quick" als technischen Direktor und Teilhaber eines bayerischen Walzwerkes mit über 600 Mitarbeitern dicht vor Salzburg. Die weiteren Hobbys, die die Zeitschrift auflistete, waren: das Spiel von Jazzmusik am Flügel, das Drehen und Produzieren von Filmen, der Bau von Modellflugzeugen mit Spannweiten bis zu 2,50 Metern, die Segelfliegerei, Ping-Pong, gute Weine und seine 135 Quadratmeter große Modelleisenbahn.

Auch Tochter Regina und ihr Mann Bernhard sind bis heute leidenschaftliche Motorradfahrer. Wenn sie an ihren Vater Walter Zeller denkt, hat sie immer wieder sein Bild vor Augen in seiner "typischen Stellung" mit verschränkten Armen. Seit 1999 veranstaltet der Oldtimerclub Feldkirchen alle zwei Jahre die Walter-Zeller-Gedächnis-Rallye. Walter Zeller ist am 4. Februar 1995 im Alter von 67 Jahren verstorben. Ein halbes Jahr nach seinem Tod widmeten die Veranstalter den 8. und letzten Lauf um die Meisterschaft des Veteranen Fahrzeug Verbands (VFV) anlässlich des 18. Historischen Grand Prix im Motodrom in Hockenheim am 16. September 1995 ihrem geschätzten Sportkameraden als Walter-Zeller-Gedächtnislauf. "Der Name Walter Zeller bleibt untrennbar mit dem deutschen Zweiradsport verbunden", so der Oldtimerclub Feldkirchen in seiner Festschrift zur 9. Walter-Zeller-Gedächtnis-Rallye am 11. Juli 2015, dem Jahr, in dem der 20. Todestag von Walter Zeller war.

Zeitungsartikel vom 15.06.2020

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